Zeitmangel? Kein Problem! Stressfrei trotz knapper Zeit
Wer kennt das nicht? Der Abgabetermin für eine wichtige Aufgabe rückt immer näher, die noch zu erledigende Aufgabe erscheint wie ein nicht erklimmbarer Berg. Eigentlich ist das Vorhaben in der vorgegebenen Zeit nicht zu schaffen. Aber: Geht nicht, gibt‘s nicht. Schneller arbeiten und ein paar Extrastunden am Abend – das ist meist die Lösung.
Das Ergebnis? Wir sind maximal gestresst, reagieren gereizt auf unser Umfeld. Aber am Ende haben wir es wieder einmal geschafft, irgendwie den Termin einzuhalten. Geht doch!
Manche reden sich die Situation schön mit der Aussage: „Ich brauche diesen Druck, nur so kann ich meine Aufgaben wirklich gut erledigen“. Aber auch die, die das sagen, wirken ziemlich gestresst.
Stimmt es, dass wir unter Zeitdruck wirklich bessere Ergebnisse erzielen? Und wenn ja, geht das nicht auch mit deutlich weniger Stress – oder gehört Stress einfach dazu?
„Man sollte nie so viel zu tun haben, dass man zum Nachdenken keine Zeit mehr hat“
(Georg Christoph Lichtenberg, deutscher Physiker)
Was sind Ursachen für Zeitmangel?
Die Ursache scheint für viele klar zu sein: viel zu enge Zeitvorgaben von außen. Der Projektplan setzt zu enge Meilensteine, der Vorgesetzte will die Ergebnisse in einer völlig unrealistischen Zeit erhalten, der Kunde drängt auf einen möglichst knappen Termin.
Ohne Frage sind das typische Situationen, die zu Zeitmangel führen. Betrachtet man jedoch bestimmte Abläufe etwas näher, findet man häufig eher „eigengemachte“ Ursachen.
Oftmals stellt sich auch heraus, dass der Aufwand für die Durchführung als deutlich höher ist als ursprünglich geplant. Dies führt bei stabilen Abgabeterminen schlicht zu Zeitmangel.
Das muss nicht zwingend daran liegen, dass man die Aufgabe „unterschätzt“ hat. Häufig führen veränderte Anforderungen oder unklare bzw. nicht abgestimmte Erwartungen zu einem deutlichen Mehraufwand.
Wenn dann der Endtermin nicht verschoben wird, ist Stress durch Zeitmangel vorprogrammiert. Aber das wäre auch häufig vermeidbar gewesen, wenn konsequent nachfragt worden wäre, was genau als Ergebnis erwartet wird, nach welchen das zu Kriterien geprüft wird, ob alles erledigt ist.
Zeitmangel ist häufig selbstgemacht
Ich erlebe immer wieder Situationen, in denen sich herausstellt, dass der Termin ursprünglich gar nicht so knapp bemessen war. Man hat einfach zu spät mit der Umsetzung begonnen. Die Aufgabe lag tagelang auf dem virtuellen Schreibtisch. Die „richtige Begeisterung dafür“ kam lange nicht auf. Kurz vor knapp blieb dann nichts anderes übrig, als sich unter Stress der Sache zu widmen. Meist sich selbst schöngeredet mit den Worten: „Ich brauche diesen Druck“. Aha!?
Ich schreibe hier bewusst von schöngeredet. Wie sich knappe Zeit auf die Ergebnisse auswirkt, erkläre ich weiter unten im Beitrag. Doch hier schon mal ein Teaser: Ja, knappe Zeit kann sich durchaus positiv auf die Dauer und die Ergebnisse auswirken. Kann!
Geht man der Aussage „Ich brauche den Druck“ auf den Grund, so stellt man sehr schnell fest, dass diese stressige Situation alles andere als angenehm ist und die Personen es am liebsten gar nicht erst so weit kommen lassen würden. Dennoch können sie sich tagelang nicht aufraffen mit der Aufgabe zu beginnen: Prokrastination (Aufschieberitis).
Aber warum fangen wir dann nicht an, obwohl wir wissen, dass es sinnvoll wäre? Denn die Beendigung der Aufgabe wird von unserem Gehirn als Belohnung eingestuft und unser Körper reagiert auf Erfolgserlebnisse mit einem Ausstoß an Dopamin.
Allerdings streben wir nach einer möglichst schnellen hormonellen Belohnung. Die vage Aussicht auf einen Dopaminschub bei Erledigung einer größeren Aufgabe (z.B. „Projekt erledigt“) in weiterer Zukunft lässt und schlichtweg kalt.
Statt also die anstehende Aufgabe anzugehen, die ohnehin länger dauern wird, schnappen wir uns lieber ein paar der ungelesenen E-Mails. So verschaffen wir uns ohne großen Aufwand viele kleine Dopamineinheiten. Unser Gehirn denkt sich: Warum also diese Aufgabe jetzt in Angriff nehmen, das bringt jetzt im Moment doch gar kein neurologisches Erfolgserlebnis. Schussfolgerung unseres Gehirns: Die Aufgabe wird aufgeschoben!
Zeitmangel hat auch Vorteile!
Rückt der Abgabetermin immer näher, dann gilt nur noch eines: Augen zu und durch. Das ist vergleichbar mit dem Tunnelblick von Sportlern. Alles, was nicht unmittelbar mit der Erledigung der Aufgabe zu tun hat, wird vom Gehirn ausgeblendet.
So ist es auch zu erklären, dass wir unter Zeitdruck extrem fokussiert arbeiten und uns ganz auf das Erreichen des Ergebnisses konzentrieren. Wir haben unseren Tunnelblick auf das Wesentliche der Aufgabe gerichtet.
Nebensächlichkeiten, Unwesentliches und selbst Pausen oder Mahlzeiten werden da zur Nebensache bzw. komplett eliminiert. In diesem Zustand blenden wir sogar Störungen von außen erfolgreich aus. So schaffen wir es in kürzester Zeit „fast Unmögliches.
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Zeitmangel hat seinen Preis!
Bisher klingt das doch super! Dank Zeitmangel und unter Zeitdruck arbeiten wir fokussierter denn je. Die Aussage „Unter Druck kann ich besonders gut arbeiten“ stimmt (anscheinend) ja doch!
Wir fokussieren uns und verfallen dem Tunnelblick. So sind wir sind gleichzeitig aufmerksam und unaufmerksam − und beides aus dem gleichen Grund: Was außerhalb des Tunnels liegt, will unser Gehirn um jeden Preis blockieren. Das verschafft und zeitnah einen Gewinn: Wir sind in diesem Moment effizienter.
Wie fast zu erwarten, hat dieser Tunnelblick allerdings auch einige gravierende Nachteile. So blendet unser Gehirn leider auch Aspekte der Arbeit aus, die zeitlich später kommen, also „außerhalb des Tunnels liegen“. Und die kommen uns oft „teuer“ zu stehen.
Zeitmangel: So schafft uns unser Gehirn neue Probleme in der Zukunft
Schnell bleiben so wichtige Aufgaben auf der Strecke, was sich später bitter rächt. Sich auf eine Sache konzentrieren heißt, andere Sachen vernachlässigen. Leider geschieht diese Vernachlässigung unbewusst, ohne dass wir Gedanken über die möglichen Auswirkungen machen.
Im Tunnel vernachlässigen wir eine Art Kosten-Nutzen-Rechnung der Dinge, die wir bleiben lassen. Aber wir vergessen darüber nachzudenken, was die Folgen dieses Bleibenlassens sind bzw. sein werden. Im Tunnel gilt: Den Termin einhalten, koste es, was es wolle.
Deshalb lässt man oft Wichtiges liegen und macht Dringendes. Das kann in der Zukunft zu neuen Problemen führen, weil man sich nicht darum gekümmert hat. So schön das mit dem Tunnelblick klingt, er schafft uns oft Probleme in Form von Zeitmangel in der Zukunft. Ein Teufelskreis – der stresst!
Zeitmangel reduziert unsere Denkfähigkeit – massiv!
Besonders massiv wirkt sich der Tunnelblick jedoch auf unsere mentale Bandbreite aus. Diese Bandbreite ist ein Maß für unsere Fähigkeit wie z.B. Entscheidungen zu treffen, Pläne einzuhalten und Ablenkungen zu widerstehen.
Im Tunnel sind wir so sehr damit beschäftigt den Blick nicht von den Dingen direkt vor uns (im Tunnel) abzuwenden, dass wir kaum noch freie Kapazität im Gehirn haben. Wir müssen nun mit weniger geistigen Ressourcen auskommen.
Unsere Fähigkeit Informationen zu verarbeiten, abstrakt, aber auch logisch zu denken und sinnvolle Entscheidungen zu treffen, wird dadurch massiv eingeschränkt. Aber nicht die kognitiven Fähigkeiten nehmen, sondern auch die Fähigkeit zu planen, Handlungen zu initiieren und unsere Impulse zu kontrollieren.
Die bedeutet natürlich nicht, dass diese Fähigkeiten generell reduziert werden, aber es bestimmt, wie viele dieser Fähigkeiten im Moment zur Verfügung stehen.
Die eingeengte Bandbreite wirkt sich vielfältig negativ aus und hat viele Formen. Sie reicht von der Schwierigkeit, sich an einen Plan zu halten, der Übernahme weiterer Aufgaben zu widerstehen, bis hin zu Vergesslichkeit und Fehleinschätzungen von Situationen. Dinge, die in Zukunft wieder zu Zeitmangel führen können. Zeitmangel erzeugt ihre eigene Falle. Wie gesagt: ein Teufelskreis – der Stress verursacht!
Der anfängliche Vorteil, dass wir effizienter arbeiten und uns auf das Nötigste konzentrieren, führt später oft zu erheblichen Problemen. Wir vernachlässigen wichtige Aspekte und schaffen uns erneut Zeitmangel und damit Stress.
So nutzt man Zeitmangel als Chance und genießt die Vorteile
Die genannten Nachteile müssen jedoch nicht zwingend zwangsläufig eintreffen. Wenn man die neurologisch bedingten Verhaltensmuster kennt und weiß wie wir darauf reagieren, kann man die Nachteile zu umgehen oder in Vorteile umwandeln.
Aufgabe und Ergebnis klar definieren, dann erst loslegen
Eine häufige Ursache für Zeitdruck bei der Umsetzung einer Aufgabe oder eines Projektes ist, dass das Ergebnis nicht klar definiert ist.
Meine Empfehlung ist, klar zu hinterfragen, was das Ergebnis sein soll, welche Erwartungen oder Fragen zu klären sind, wie am Ende festgestellt wird, ob die Aufgabe erledigt ist. Dieses Hinterfragen wird sehr häufig ausgelassen, weil man sowieso schon sehr wenig Zeit hat und „statt jetzt noch lange zu fragen, sollte man doch wohl besser anfangen“.
Aha! Ein klarer Fall dafür, dass jemand schon im Tunnelblick ist. Wichtige Dinge werden ausgeblendet und führen dann später zu Problemen. In diesem Fall z.B. dazu, dass man auf ein Ergebnis hingearbeitet hat, das sich dann allerdings als Trugschluss herausstellt: „Eigentlich“ war etwas anderes erwartet worden. Viel Arbeit für nichts!
Auch wenn die Zeit knapp ist: halte kurz inne und prüfe, was genau erreicht werden soll und ob alle die gleiche Vorstellung vom Ergebnis haben.
Sich selbst kurze Zwischen-Meilensteine setzen
Wie? Jetzt soll ich mich auch noch durch noch kürzere Meilensteine selbst unter Druck setzen? Klingt auf den ersten Blick kontraproduktiv, ist es aber nicht.
Gerade wenn man dazu neigt, Dinge „auf den letzten Drücker“ zu erledigen, macht dieses Vorgehen Sinn. Man zerlegt eine komplexere Aufgabe in kleinere Teilaufgaben. Wenn man sich für die Teilaufgaben eigene Abgabetermine definiert, erzeugt man das Gefühl der „Dringlichkeit“, aber eben für eine kleine Aufgabe.
Das Gehirn erkennt jetzt: „Aha, da ist eine Aufgabe zu erledigen, die ist gar nicht so groß und ich bekomme schnell meine Dopamin-Belohnung“. Und schon kommt man ins Machen und arbeitet auf viele Zwischenergebnisse hin. Das schafft ein Momentum für ein kontinuierliches Vorankommen und erzeugt Resultate auf dem Weg. Jedes Zwischenziel ist ein kleines Erfolgserlebnis. Dafür gibt es die erhoffte Dopamin-Belohnung, die zufrieden und weniger stressanfällig macht.
Ein weiterer Vorteil dieser Zwischenergebnisse ist, dass man sie sehr gut mit dem zu erreichenden Ziel abgleichen kann. So erkennt man frühzeitig, ob man noch auf dem richtigen Weg ist.
Mit anderen Worten: Wir gehen bewusst aus dem Tunnel heraus und betrachten die Gesamtsituation. Diese Betrachtung ist jetzt möglich, da wir außerhalb des Tunnels wieder genügend mentale Bandbreite haben.
Erst außerhalb des Tunnels können wir wichtige Aspekte überblicken und Dinge analytisch sorgfältig durchdenken. Die Zwischenmeilensteine helfen uns aus dem Tunnel herauszutreten.
Die eigentliche Umsetzung des nächsten Zwischenmeilensteins erfolgt dann wieder im Tunnel. Jetzt nutzen wir wieder die Vorteile des Tunnelblicks und arbeiten fokussiert und ablenkungsfrei.
Durch das Herunterbrechen von Aufgaben erzeugt man sich interne Meilensteine
- diese sind leichter einzuhalten
- man prokrastiniert weniger
- man schafft Kontinuität und Momentum
- man erzeugt bei jeder erledigten Teilaufgabe ein Erfolgserlebnis
Wenn man Teilziele für größere Projekte festlegen und etwas mehr Raum für die Planung von Projekten aufwenden, wird die Arbeit strukturierter und durch viele kleine Erfolgserlebnisse für das Gehirn lohnender und fesselnder.
Untersuchungen haben gezeigt, dass wir dadurch auch leichter in einen „Flow“-Zustand kommen, jenes Gefühl, in dem wir so sehr in unsere Arbeit vertieft sind, dass die Zeit gar nicht zu existieren scheint.
Fazit – Zeitmangel kann man zu seinem Vorteil nutzen
Wenn Aufgaben unter Zeitdruck erledigt werden müssen, dann arbeiten wir hoch fokussiert und effizient. Dennoch stresst uns dieses Vorgehen, weil oft zu wenig Freiraum für wichtige Fragestellungen und fundierte Entscheidungen bleibt. Das nervt und lässt uns aggressiver auf unser Umfeld wirken.
Wenn wir die neurologischen Mechanismen kennen und wissen, wie wir unter Zeitmangel reagieren, dann können wir die Nachteile umgehen. Dazu muss man aber erkennen, dass das Handeln unter Zeitdruck vom Tunnelblick getrieben ist. Ein gezieltes Heraustreten aus dieser Denkweise verschafft die mentale Bandbreite, um den Gesamtblick wieder zu erlangen.
Mit diesem Wissen wandelt man die Nachteile des Zeitmangels zu seinen Vorteilen um. Zeitmangel muss also gar nicht stressig sein!
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